Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Gesindeordnung

Alois Brei

Die Gesindeordnung des Hauses Twickel

Graf Unico Wilhelm van Wassenaer Obdam, 1692 geboren und als Herr des Hauses Twickel auch Herr zu Lage, hielt sich wohl nur selten in dem kleinen Ort an der Dinkel auf. Auch im Schloss Twickel traf man ihn nicht sehr häufig an. Er lebte vorwiegend in Den Haag oder an den Orten, an denen er seinen Betätigungen als einer der führenden niederländischen Diplomaten seiner Zeit nachging.

Da er oft abwesend war, gab er seinen Rentmeistern eine genaue Gesindeordnung an die Hand. In diesen 1760 verfassten „Reglementen en Ordre“ wurden die Pflichten nicht nur der Beamten- und Dienerschaft beschrieben, sondern auch die der abhängigen Pächter auf den Höfen, die zu Twickel gehörten.
Schloss Twickel bei Delden - Bild: AB
Die Aufsicht über die Bediensteten und die Hörigen hatte der Rentmeister. Er musste sein Amt so führen, „als wäre er der Herr selber“. Bei Sturm und Unwetter hatten Rentmeister und Gesinde, vor allem aber die Zimmerleute bereit zu stehen, um Fenster und Türen zu schließen und die Dachrinnen in Ordnung zu halten. Die Gesindeordnung hielt genau fest, welche täglichen Arbeiten zu verrichten waren, zum Beispiel mussten Bierfässer sauber gehalten, Vorratskeller gegen Frost geschützt, die Vorräte kontrolliert, Wassergräben offen gehalten und im Winter Schnee gefegt werden. Um 9 Uhr abends wurden auf Schloss Twickel die Brücken hochgezogen und die Tore geschlossen.

Im Jahr 1760 hatte Twickel 151 abhängige Pächter. Sie mussten die fälligen Abgaben entrichten und durften ohne Erlaubnis des Rentmeisters keine fremden Personen auf ihren Höfen unterbringen. Ohne Erlaubnis durften sie nicht heiraten. Dies galt auch für ihre Kinder. Die Rentmeister hatten darauf zu achten, dass „gute“ Ehen geschlossen wurden. „Gemeengelde huwelijken“, Mischehen zwischen Partnern verschiedener Religionszugehörigkeit also, waren verboten, ebenso ausgelassene Hochzeits- oder Trauerfeiern.

Der Rentmeister beaufsichtigte Häuser und Haushaltsführungen, Höfe und Wälder, Gärten und Gewässer, natürlich auch alle Arbeiten zur Instandhaltung. Er hatte über die Arbeiten des Gesindes wie der abhängigen Pächter zu wachen, bei Verstößen Abhilfe zu schaffen und dem Herrn Bericht zu erstatten, wenn jemand dreimal seine Pflichten versäumte. Der Schlüssel zu den Kornvorräten auf den Dachböden verwahrte ausschließlich der Rentmeister.

Eltern hatten darauf zu achten, dass die Kinder früh lesen und schreiben lernten, der Rentmeister überprüfte den allgemeinen Unterrichtsbesuch und die Teilnahme am Religionsunterricht. Von den abhängigen Pächtern erwartete der Grundherr, dass sie die Höfe in bester Ordnung hielten und die Hand- und Spanndienste pünktlich und vollständig leisteten. Sie durften ohne Erlaubnis kein Holz fällen, nicht einmal ein eigenes Beil im Haus haben. Jährlich mussten sie junge Bäume anpflanzen, vor allem wertvolle Eichen.

Wer mit seinen Abgaben in Verzug geraten war, konnte sie als Tagelöhner abarbeiten. In den Wintermonaten verdiente er damit pro Tag 6 Stüver, im Frühjahr und im Herbst 8, im Sommer 10, einen halben Gulden also. Die Arbeiten wurden von den Rentmeistern angeordnet und verteilt und waren meistens am Samstag zu leisten. Carel George Graf van Wassenaer, jüngster Sohn Unico Wilhelms, erließ 1772 eine Instruktion, worum sich die angestellten Jäger zu kümmern hatten.

Dazu gehörte nicht nur die Hege und Pflege des Wildbestandes, sondern auch die Fahndung nach Holz- oder Wilddieben. Dies sollte vor allem nachts geschehen und dabei auch unter den Holzvorräten der Pächter nachgesehen werden. Für die Ergreifung eines Wilddiebs waren 14 Gulden ausgelobt.
Quelle: Lage - Geschichte und Geschichten, herausgegeben vom Dorf-, Burg- und Mühlenfreunden Lage e. V., Lage 2008
Bedienstete des Herrenhauses in Lage um 1890 - Bild: DAL
zurück
Share by: