Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Besatzung

Alois Brei

Die Grafschaft wird französisch

Im Sommer 1796 hatten die französischen Revolutionstruppen die Grafschaft verlassen. Doch wenige Jahre später kehrten sie zurück. In Frankreich hatte sich inzwischen ein junger General zum führenden Mann aufgeschwungen: Napoleon Bonaparte. Seine militärischen Erfolge im Kampf gegen die anderen europäischen Mächte brachten ihn nach oben. In einer Volksabstimmung stimmten die Franzosen dafür, ihn zum Kaiser zu erheben. In Anwesenheit des Papstes setzte er sich selbst im Dezember 1804 in der Kathedrale Notre Dame die Krone auf.
Angehörige des Historischen Landwehrbataillons aus Uelsen - Bild: Heimatfreunde Neuenhaus
Ein Friedensvertrag mit England scheiterte. Der englische König war auch Landesherr des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg und damit der Grafschaft Bentheim. Im Frühjahr 1803 besetzte Napoleon Hannover und im Mai des Jahres rückten wieder französische Truppen in die Grafschaft ein. Am 26. Mai quartierten sich einige tausend Franzosen in Emlichheim ein, die bei ihrem Weitermarsch sämtliche Wagen und Pferde mitnahmen, derer sie habhaft werden konnten. Neuenhaus und Veldhausen mussten im Juni französische Truppen mit Lebensmitteln und Kleidung versorgen.

Im Juli 1804 trat plötzlich Ludwig von Bentheim-Steinfurt auf den Plan, ein Neffe des Grafen Friedrich Karl Philipp. Dieser hatte die Grafschaft im Jahr 1752 an den englischen König, der gleichzeitig Landesherr des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg war, verpfändet. Ludwig handelte mit Napoleons Minister Talleyrand einen Vertrag aus, der ihn wieder in den Besitz der Grafschaft bringen sollte. Er verpflichtete sich zur Zahlung von 800 000 Livres und eine kleine Aufmerksamkeit von 50 000 Livres für Madame Talleyrand. Ludwig hatte das Geld vermutlich nicht, er berief sich auf einen angeblich reichen Onkel.

Er ließ nun von den Kanzeln der Grafschafter Kirchen verkünden, dass ihm die Befreiung gelungen sei. Mit Pomp und 100 Reitern zog er in Bentheim ein und ließ sich auch in anderen Grafschafter Orten feiern. Pastor Visch in Wilsum dichtete: "Freude tönt von Bentheims Höhen, Freude färbt die Wangen rot, dass wir Ludewig hier sehen, unseren Retter aus der Not."

Doch schon im Jahr darauf war es mit der neuen Landesherrlichkeit wieder vorbei. Napoleon schenkte dem preußischen König das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg mitsamt der Grafschaft Bentheim. Doch nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt wurde dieser wieder gezwungen, auf die Gebiete westlich der Elbe zu verzichten.

Das Jahr 1806 brachte weitere Veränderungen. Napoleon nahm wenig Rücksicht auf die  hergebrachte deutschen Kleinstaaterei und alte, in verstaubten Archiven bewahrte Rechte dieses oder jenes Fürstenhauses. Der bayerische Kurfürst Maximilian musste ihm das Herzogtum Berg abtreten. Noch am selben Tage gab er die Herzogtümer Berg und Kleve weiter an seinen Schwager Joachim Murat. Dieser erweiterte sein neues Reich umgehend um das Gebiet einiger Abteien und Grafschaften. Die Grafschaft Bentheim kam als Teil des Departments Ems zum neuen Großherzogtum Berg, das von Düsseldorf aus regiert wurde.

Die Grafschaft wurde sofort nach französische Muster verwaltet. Das Großherzogtum Berg war in vier Departmets eingeteilt, denen man praktischerweise die Namen der wichtigsten Flüsse Rhein, Ruhr, Sieg und Ems gab. Das Department Ems war zunächst gegliedert in die drei Arrondissements Münster, Coesfeld und Lingen, das Arrondissement Lingen bestand aus den sechs Kantonen Lingen, Tecklenburg, Freren, Ibbenbüren, Emlichheim und Nordhorn. Zum Kanton Nordhorn gehörten die Gerichte Nordhorn, Wietmarschen und Veldhausen, die Gerichte Uelsen und Emlichheim bildeten das Kanton Emlichheim. Für Lage und Neuenhaus wurde eine gemeinsame Gemeindeverwaltung eingerichtet.

Im März 1808 stieg der Schwager Joachim Murat zum König von Neapel auf. Als Großherzog folgte ihm der erst vierjährige Napoleon Louis Bonaparte, ein Neffe des Kaisers. Dessen Vater Louis, der Bruder Napoleons, war seit 1806 König von Holland. Napoleon war mit dem Wirken seines Bruders, den die Niederländer "Koning Lodewijk" nannten und der das heute berühmte Rijksmuseum gründete,  jedoch wenig einverstanden und zwang ihn 1810 zur Abdankung. Die Niederlande und das Großherzogtum Berg wurden Teil des Kaiserreichs Frankreich und Neuenhaus Hauptstadt eines eigenen Arrondissements.
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